…noch lange nicht: der „Nocino“ wird seinen Sterne-Auftritt erst Weihnachten in einem Jahr haben! „Nocino“ ist DER sagenumwobene italienische Walnussliqueur. Jeder dortige Haushalt hat sein gehütetes, eigenes Rezept.
Tatsächlich habe ich es dieses Jahr geschafft, die Walnüsse einigermassen rechtzeitig einzufangen. Eigentlich wieder zu spät, der heilige Tag dafür ist der 24. Juni, der Johannitag. Geht trotzdem. Zwar haben wir inzwischen bei uns in Franken zuweilen italienische Hitzezustände, aber im Frühjahr ist es glücklicherweise doch noch gemässigter. Vermutlich verzögert dies in unseren Breitegraden die entsprechende Reife. Meine geernteten Nüsse sind innen noch grün und gut zu schneiden, so solls sein.
Das sagen alle Rezepte, die ich über lange Jahre aufgestöbert habe. Seitdem ich die Schilderungen von Lisa St. Aubin de Terán das erste Mal gelesen hatte. Ein Buch, welches ich immer wieder mal lesen muss, weil es mich extrem erfreut und erheitert.
Immer wieder kreuze ich darin das umfangreiche umbrische, dramatische Zubereitungs-Ritual. Und nicht nur dieses ist dramatisch:
Ich vermute, die Autorin hat zu früh degustiert. In anderen Zubereitungs-Anleitungen heisst es, er muss mindestens 1 Jahr reifen. Oder es lag an ihrer Schwangerschaft, wobei dem Kindlein die „Behandlung“ nichts geschadet hat, wie später zu lesen ist.
Gut, über meinen Selbstversuch berichte ich dann im Jahr 2023 nach Weihnachten! Aber hier zuerst mal mein eigenes Rezept, nicht italienisch, sondern in meinem hessischen Kopf zusammengesammelt mit fränkischen Walnüssen. Diese, meine Zubereitung ist nicht sehr dramatisch, ich rechne trotzdem mit einem umwerfend leckeren Getränk!
REZEPT:“NOCINO“
Rezeptautorin: Angela Francisca Endress, hessisch/fränkische „Brand“
ergibt vielleicht einen 3/4l Walnussliqueur
- 7 vom Baum um den 24. Juni herum gepflückte Walnüsse , sie müssen noch weich
- und innen grün sein, geheime Quellen empfehlen dringend eine ungrade Zahl!
- 1 mittelgrosse Bio-Zitrone, Schale und Scheiben
- 5 Nelken
- 3 Wachholderbeeren
- etwas Zimtstange
- 100 g brauner Kandiszucker
- 1l 80%tigen Rum
1 Einmachglas mit 1,5L Fassungsvermögen mit Einmach-Gummi,
auch Gummihandschuhe sind praktisch, die Nüsse färben teuflisch.
Die Walnüsse säubern, aber nicht waschen! In kleine Stücke schneiden.
Zitonen-Schale und –Scheiben, Nelken, Wachholderbeeren, Zimtstange, Kandiszucker in das Glas füllen.
Jetzt den Rum angiessen.
Das Glas mitsamt Einmach-Gummi fest verschliessen.
Jetzt gut durchschütteln und dem Ganzen den sonnigsten Platz verschaffen, der aufzubieten ist. Dort ruht der Ansatz. Er wartet bis zum 22. September (Tag-und-Nacht-Gleiche). Und wünscht, jeden 3. Tag sorgfältig und kräftig durchgeschüttelt zu werden.
Am 22. September dann durch ein Mulltuch in eine Schüssel filtern. Und jetzt EINERSEITS :
- 300 g brauner Kandiszucker
- 300 ml Wasser, 3 Wachholderbeeren
zusammen aufkochen, bis der Zucker sich aufgelöst hat. Den Schaum abschöpfen und 10Minuten köcheln, etwas abkühlen lassen. Die gefilterte Flüssigkeit wieder in das Glas zurück giessen. Den Zuckersirup untermischen und 3 frische Wachholderbeeren hinein geben. Glas wieder verschliessen und ihm einen zimmerwarmen, gemütlichen, dunklen Ort zuweisen.
ANDERERSEITS: Die herausgefilterten Walnüsse auf keinen Fall beseitigen! Zu Käse passen sie hervorragend! Oder man gibt sie in eine Flasche, bedeckt sie mit Marsala und kann dieses Getränk voraussichtlich am direkt darauf folgenden Weihnachtsfest als leichten Liqueur trinken. Der Selbstversuch wird’s zeigen.
Mein Naturkoch Jürgen Andruschkewitzsch hat eine alkoholfreie wunderbare Walnuss-Variation: er bereitet aus den grünen Nüssen schwarze. Diese, in gleicher Konsistenz und seinem Rezept folgend, müssen 5 Monate, oder, mit viel Geduld, länger in den Keller. Dann serviert er sie zu Ringelblumen Eis. Wieder mal einer seiner überraschenden Geschmacks-Combos!
Das Rezept ist im eigenen Buch besser zu lesen auf Seite 128 vom „DER NATURKOCH“ . Erschienen dieses Jahr im Hädecke Verlag.
Über die Ergebnisse werde ich berichten und freue mich über eure eigenen Schilderungen mit dem „heiligen Nocino“! Möglichst ohne Komata!
Geniesst die italienische Sommerhitze, lasst’s euch gut gehen!